ADHS im Erwachsenenalter

Was ist ADHS?

Ein Gefühl der Getriebenheit und der inneren Unruhe, erhöhter Bewegungsdrang, ständig auf Achse sein, reden wie ein Wasserfall, andere oft stören oder unterbrechen, erhöhte Ablenkbarkeit, Verträumtheit, Schwierigkeiten bei einer Sache zu bleiben, häufiges Vermeiden oder "vor sich Herschieben" unliebsamer Verpflichtungen und Tätigkeiten, Zerstreutheit, Chaosneigung, schlechtes Zeitmanagement (Unpünktlichkeit, häufiges Vergessen von Terminen und Vereinbarungen...), schnelle Stimmungswechsel, häufige emotionale Überreaktionen, Reizbarkeit, ein überschießendes Temperament - dies sind typische Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). Aber auch eine hohe Sensibilität und Empfindsamkeit, leichte Überreizung, häufiges Überforderungserleben können auf eine ADHS hinweisen - bei manchen Betroffenen stehen diese sogar im Vordergrund.

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Aufgrund der hohen Nachfrage gibt es nun auch ein kostenloses Gruppenangebot über die Stadt Graz. Termine und Anmeldung

Die systemische Therapiegruppe für Erwachsene mit ADHS in meiner Privatpraxis läuft ab September 2024 wieder an. Details und Anmeldung.

ADHS: Informationen für Betroffene

3 bis 4 von 100 Erwachsenen leiden unter ADHS. Auch im höheren Alter bestehen die Symptome bei einem Teil der Betroffenen fort. Jedoch wird nur bei 4 von 10.000 Erwachsenen eine entsprechende klinische Diagnose gestellt. In Europa erhält nur jeder fünfte bis zehnte Betroffene nach einer Diagnosestellung auch irgendeine Form der Behandlung (medikamentös, therapeutisch). Bei Frauen wird eine ADHS im Erwachsenenalter nur sehr selten erkannt und entsprechend behandelt. Dies dürfte daran liegen, dass bei Frauen mit ADHS eher Symptome der Unaufmerksamkeit, Verträumtheit und emotionale Probleme im Vordergrund stehen und weniger Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität. Auch sehe ich bei Frauen mit ADHS regelhaft Probleme im Filtern von Sinnesreizen und sozialen Reizen, was neben leichter Irritierbarkeit auch zu rascher Ermüdung und häufigem Überforderungserleben führt.
Weiters wird nach meiner klinischen Erfahrung ADHS bei Hochintelligenten seltener erkannt und die merkliche Beeinträchtigung setzt teils erst im Übergang ins Erwachsenenalter ein (durch die veränderten Anforderungen, durch das Einsetzen komorbider Symptome).

ADHS-typische Charakterzüge müssen nicht immer zu einer Beeinträchtigung führen. Dies hängt nicht nur von der Intensität der Symptome ab, sondern auch von Umgebungsbedingungen und von persönlichen Stärken, Talenten und Ressourcen. Die Beeinträchtigung muss auch nicht über die gesamte Lebensspanne in gleichem Ausmaß bestehen.

Für einen Leistungssportler etwa oder einen freischaffenden Künstler können die mit ADHS verbundenen Persönlichkeitseigenschaften sogar ein Schlüssel zum Erfolg sein: Reaktionsschnelligkeit, Risikofreude, erhöhter Bewegungsdrang, Kreativität, in interessanten Tätigkeiten völlig versinken können - um nur ein paar der ADHS-typischen Stärken zu nennen.

ADHS ist eine "Life Long Condition", d.h. die ADHS-typischen Eigenschaften bestehen über die Lebensspanne. Ein Teil der Symptome war schon in der Kindheit oder Jugend vorhanden, auch wenn nicht immer in der Kindheit bereits eine Beeinträchtigung durch die Symptome bestand (z.B. wenn Bezugspersonen in der Lage waren, angemessene Struktur zu geben und in der Schule ein individualisiertes Lernumfeld geschaffen wurde). Bei bis zu 60% der von ADHS betroffenen (und entsprechend diagnostizierten) Kinder und Jugendlichen besteht im Erwachsenenalter eine Beeinträchtigung durch ADHS-Symptome fort. Neuere Studien legen allerdings nahe, dass es im Laufe des Erwachsenenlebens bei vielen Betroffenen zu wiederholten Phasen der Beeinträchtigung kommt.

Unter den ADHS-Symptomen leiden oft nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch das soziale Umfeld: Partner, Kinder, Freunde, Arbeitskollegen. ADHS führt häufiger als in der Allgemeinbevölkerung zu Partnerschaftsproblemen, zu Versagen in Leistungssituationen, zu Ausbildungsabbrüchen, zu beruflichem Misserfolg, zu finanziellen Schwierigkeiten und zu Straffälligkeit. Aber auch das Unfallrisiko und das Risiko für einige körperlichen Erkrankungen (z.B. Diabetes, Bluthochdruck, Asthma) ist bei unbehandelter ADHS erhöht.

Bei intensivem und vielfältigen Substanzkonsum und bei Straffälligkeit ist die ADHS-Behandlung oft schwierig und muss aus Risikoerwägungen nachgereiht werden, bis ein Mindestmaß an Stabilität, Motivation und Verlässlichkeit erreicht wurde. Hier sind zudem besondere Expertise und ein umfassendes Risikomanagement in einem multiprofessionellen Behandlungsteam erforderlich. Ich behandle in diesem Fall nicht in meiner Privatpraxis.

 

 

 

 


ADHS: Informationen für Behandler

Ein erheblicher Anteil psychiatrischer Patienten leidet unter ADHS. Die Zahlen liegen laut internationalen Studien im ambulanten Setting bei etwa 15%, im stationären Setting bei bis zu 40%. Es ist also davon auszugehen, dass in der psychiatrischen Ordination, in der psychotherapeutischen/klinisch-psychologischen Praxis, in der sozialpsychiatrischen Versorgung zumindest jeder 10.Patient zusätzlich zu den bereits gestellten Diagnosen an einer behandlungsbedürftigen ADHS leidet. Die Rate scheint unter weiblichen psychiatrischen Patienten höher zu sein als unter männlichen.

Falls Sie Interesse an Supervision oder Vorträgen/Fortbildungen zum Thema ADHS im Erwachsenenalter haben, kontaktieren Sie gerne eines unserer österreichischen Expertennetzwerke:

Wir orientieren uns an den aktuellen internationalen Standards der ADHS Diagnostik und Behandlung, insbesondere gemäß DSM-V, der DGPPN, der NICE und der World Federation of ADHD (Alle Guidelines).

Fachgruppe ADHS im Erwachsenenalter (Steiermark) - Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Multiprofessionelle Gesellschaft für ADHS in Österreich: ADHS Austria (Wien/Linz) - Kontakt
(Seminare finden wieder ab 2024 statt.)

ADHS bei Erwachsenen: Behandlung

Die multimodale ADHS-Behandlung bei Erwachsenen fußt nach meiner Erfahrung und getragen von wissenschaftlichen Befunden auf 5 Säulen:

1. Medikation, Begleitung der medikamentösen Einstellung

Laut Studienlage weist die ADHS-Medikation eine hohe Wirksamkeit auf die Kernsymptomatik und das Funktionsniveau der Betroffenen auf, und liegt in der Effektivität weit vor anderen Formen der Behandlung/Unterstützung. Im Hinblick auf das Wirksamkeits-/Verträglichkeitsprofil und die Empfehlungsgrade geben internationale Guidelines unisono klare Empfehlungen ab. Die Förderung von Selbstverantwortung und einer differenzierten Selbstwahrnehmung im Umgang mit der Medikation erhöht die Nachhaltigkeit der Behandlung.

2. Akzeptanz der eigenen ADHS-Züge

... und einen wohlwollenden Blick auf die eigenen ADHS-Anteile entwickeln, sowie einen funktionaleren Umgang damit finden.

3. Individuelle Lösungen entwickeln

... unter motivierender und übender therapeutischer Begleitung. Es ist wichtig, dass Betroffene aufhören zu versuchen, den Alltag/Herausforderungen so zu bewältigen, "wie alle anderen", sondern so, wie es bei ihnen individuell am besten funktioniert.

4. Strategien/Techniken im Umgang mit der ADHS-Symptomatik etablieren

Nach meiner Beobachtung und dem Feedback der Betroffenen funktionieren am besten körperorientierte Techniken (EDxTM/PEP, sensorische Reize, Skills wie in der Traumatherapie und Hypnotherapie z.B. für Impulskontrolle, Emotionsmanagement, Aufmerksamkeit aufrechterhalten) und aktivere Formen der Entspannung (z.B. Bewegung, Aktivitäten in der Natur, Atemtechniken, Handwerkliches/Künstlerisches etc.). Es gibt wissenschaftliche Hinweise für die Wirksamkeit von Achtsamkeitstraining im Hinblick auf die ADHS-Kernsymptomatik.
Im Selbstmanagement sind soziale Motivation (mit anderen gemeinsam machen, Body doubling) und analoge Medien (handschriftlich statt digital), Visualisieren, hypnotherapeutische Techniken (Ziel-Imagination, Stellvertretertechnik, Anker zur verbesserten Abrufbarkeit etc.) und ermutigendes Feedback die erfolgversprechendsten; immer wieder spielerische, kreative Lösungen aufspüren und ausprobieren; Rückschläge akzeptieren und Starthilfen nutzen lernen (z.B. Medikation, soziale Verbindlichkeiten, Rituale aufbauen, Erinnerungshilfen). Aber auch Schaffen einer reizreduzierten strukturierenden Umgebung kann für Betroffene (ähnlich wie bei Kindern mit ADHS) etwa für konzentriertes Lernen hilfreich sein.
Für die Wirksamkeit von spezifischem Neurofeedback liegt gute Evidenz vor. Allerdings ist dies relativ zeit- und kostenintensiv. Daher wird in Leitlinien empfohlen, andere Maßnahmen nicht dadurch zu verzögern. Entsprechend motivierte Patienten, denen die Finanzierung möglich ist, können allerdings davon mit hoher Wahrscheinlichkeit profitieren.

5. Behandlung der Komorbiditäten

Hier arbeite ich psychotherapeutisch mit einer Kombination aus systemischer Gesprächsführung, hypnotherapeutischen und hypnosystemischen Methoden, EDxTM, EMDR und weiteren körperorientierten Techniken. Häufig ermöglicht auch eine medikamentöse Behandlung von komorbiden Symptomen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, der Bewältigung des Alltags, eine gesündere Lebensgestaltung und subjektiv positiv bewertete Veränderungsschritte.
Komorbiditäten sind die Regel, nicht die Ausnahme: Die Life Time Comorbidity Rate von ADHS liegt bei bis 60 bis 80%, d.h. 4 von 5 ADHS-Betroffenen leiden im Laufe ihres Lebens unter mindestens einer weiteren behandlungsbedürftigen psychiatrischen Erkrankung, häufig unter mehreren. Eine erfolgreiche ADHS-Behandlung erfordert daher zumeist auch eine Behandlung der Komorbiditäten.
Körperliche Erkrankungen wie Schilddrüsenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Unverträglichkeiten aber auch Nährstoffmangel etc. sollten entsprechend berücksichtigt werden. Ich mache sehr gute Erfahrungen mit einer Kombination aus schulmedizinischen Ansätzen und der Anpassung des Lebensstils hin zu einer bewussteren Lebensführung.

 

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Mag. Barbara Tröbinger

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» Regina Lammer, MSc

» Albert Tröbinger, BA

» Mag. Anja Wagner-Kollerics

 
 
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